Dietmar Elflein 1996

VOM NEUEN DEUTSCHEN SPRECHGESANG ZU ORIENTAL HIP HOP
- einige Gedanken zur Geschichte von Hip Hop in der BRD -

Der Begriff "Oriental Hip hop" steht für ein mittlerweile erfolg- reich eingeführtes Subgenre von Hip Hop, das als Teilbereich von Hip Hop in der BRD dessen gesamte Geschichte mitbestimmt bzw. durchzieht. Trotzdem hat bis vor kurzem niemand daran gedacht, diesen Teilbereich herauszuisolieren und gesondert zu benennen. Um die Gründe hierfür zu verstehen ist es einerseits notwendig, die Entstehungsbedingungen der Bezeichnung "neuer deutscher Sprechgesang" zu reflektieren und ande- rerseits das, was jetzt "Oriental Hip Hop" genannt wird, in die Geschichte von Hip Hop in der BRD einzubetten. Einen Schwerpunkt meiner Ausführungen bilden dabei Überlegungen zu den Gründen der in der Rezeption und Adaption afroamerikanischer Populärmusik bisher unbekannte Attraktivität von Hip Hop für "jugendliche, meist männliche Immigranten zweiter Generation mit oder ohne deutschen Pass".

Einschränkend möchte ich noch darauf hinweisen, daß komplexe Phänomene und Begriffe wie kulturelle, nationale oder auch ethnische Identität sowie Problematiken rund um Migration in der BRD aufgrund der gebotenen Kürze hier nur angerissen werden können. Außerdem werde ich antelle des eigentlich der Genauigkeit geschuldeten Begriffsunge- tüms "jugendliche, meist männliche Immigranten zweiter Generation mit oder ohne deutschen Pass" in diesem Aufsatz aus Gründen der Lesbar- keit von "jugendlichen Immigranten" reden. Ich möchte jedoch darum bitten die dahinter stehenden komplexen Verhältnisse, für die Sprach-problematiken ein Ausdruck sind, immer mitzudenken. Zum dritten konzentriere ich mich auf den Westteil des wiedervereinigten Deutsch- lands, da die mich hier primär interessierende Anziehung von Hip Hop für "jugendliche Immigranten" schon von der demographischen Basis her ein westdeutsches Phänomen ist.

Rapmusik und Hip Hop entwickeln sich im New York der 70er Jahre aus der Verbindung verschiedener afro- bzw. hispanoamerikanischer Tra-ditionen. Dabei handelt es sich erstens um einen athletisch akrobati- schen Tanzstil mit Wurzeln in puertoricanischen Traditionen - dem Breakdance. Zweitens entwickeln Disk Jockeys (DJs) der aus Jamaica stammenden Tradition mobiler Diskotheken - der Sound Systems - in New York einen neuen Stil, bei dem mittels dem simultanen Gebrauch zweier Schallplattenspieler aus den Bruchstücken existierender Schallplatten neue Musikstücke zusammengemischt werden. Diese dienen als Hintergrund für das Rappen, den rhythmisierten gereimten Sprechgesang in der afroamerikanischen Tradition der "Dozens" und des "Signifying". Drit- tens produzieren Jugendliche, die anfangs ihren Künstlernamen mit Filzsstift in der Stadt verteilt haben (tagging), mit Sprühdosen immer ausgefeiltere Schriftzüge und Bilder (Graffiti), die sie mit Vorliebe nachts auf U-Bahnzüge sprühen. Gemeinsam ist all diesen Ausdrucksfor- men ihr interner Wettbewerbscharakter, das Bemühen der Beste zu sein und so in die eigene Situation der sozialen und ökonomischen Margina-lisierung ein Moment des Ruhmes und der Individualität einzuführen und damit Anerkennung in der eigenen Bezugsgruppe zu erhalten, sowie in der gruppeninternen Hierarchie aufzusteigen.

Über den überraschenden internationalen Erfolg einiger Platten-veröffentlichungen mit Rapmusik - v.a. "Sugarhill Gangs" Rapper's Delight! - wird Hip Hop in der BRD Ende der 70er/Anfang der 80er Jahre erstmals wahrgenommen, allerdings reduziert als ein Teilbereich von Diskomusik. Hip Hop erscheint damit in einem sozialen Feld - nämlich der Diskothek -, das von jungen männlichen Immigranten zweiter Generation als Konsumenten bereits mitgeprägt ist.

In der Folge entsteht eine westdeutsche Hip Hop Strassenkultur, in der von Anfang an ein sehr hoher Prozentsatz "jugendlicher Immigranten" aktiv ist. (vgl. z.B. Jacob 1993, 206ff) Die Gründe für diese bis dato unbekannte Attraktivität einer Adaption und Rezeption afroamerikanischer Populärkultur für diese Gruppe von Jugendlichen sind vielfältig. Hip Hop entsteht z.B. vielleicht einfach zum richti- gen Zeitpunkt - nämlich einem, an dem erstmals viele hier geborene Kinder der ersten Generation ArbeitsimmigrantInnen ins jugendliche Alter eintreten. Diese allgemeine Annahme setzt jedoch einen Integra- tions- und Assimilationsprozeß voraus, der so in der Realität nicht gegeben ist. Die Umgangsweise der deutschen Gesellschaft mit Migra- tion kann zu Gräben des Unverständnisse zwischen deutschen Jugendli- chen und "jugendlichen Immigranten" führen, die von einer oder beiden Seiten bewußt gewollt sein können. Eine Adaption afroamerikanischer Populärkultur kann daher für "jugendliche Immigranten" eigentlich solange schwierig bis unerwünscht sein, wie sie Identifikations-möglichkeiten für deutsche Jugendliche bietet, und damit wiederum Konzepte und Muster unterstützt, die für "jugendliche Immigranten" schon wegen ihrer Nähe zu ihrer Meinung nach deutschen Konzepten und Mustern inakzeptabel sind. (vgl. z.B. Tertilt 1996, 18ff; Zaimoglu 1995, 9ff)

Das besondere Moment, das Hip Hop von anderen in afroamerikani-schen Traditionen wurzelnden Populärkulturen unterscheidet und ihn gleichzeitig für "jugendliche Immigranten" interessant macht, liegt meiner Ansicht nach in dem weiter oben kurz beschriebenen, internen Wettbewerbscharakter. Hier finden sich Gleichwertigkeiten, die beson- ders für männliche türkische Jugendliche in der BRD Anknüpfungspunkte bieten. Das bei diesen Jugendlichen verbreitete Männlichkeitskonzept hängt stark mit dem türkischen Konzepten der "Ehre" und "Anerkennung" zusammen. Hermann Tertilt beschreibt in seiner Ethnographie einer Jugendbande Turkish Power Boys (Tertilt 1996) sehr anschaulich die gruppeninterne Funktionsweise dieses Konzeptes sowie den speziellen Wert eines bestimmten Verständnisses von (Männer-) Freundschaft unter diesen Jugendlichen (ebd. 175-217). Die folgenden kurz zusammengefass- ten Ausführungen beziehen sich auf die entsprechenden Kapitel seiner Arbeit.

Die Verteidigung der eigenen Ehre oder der der Familie oder der Freunde ist laut Tertilt eine Grundvoraussetzung, um nicht als unmännlich zu gelten. Ehre kann Mann nicht erwerben, sondern nur verlieren. Dies erfordert permanente und bedingungslose Einsatzbereit- schaft. Steigende Anerkennung erwirbt sich Mann z.B. über die erfolg- reiche Verteidigung der Ehre oder die tatkräftige Zurschausstellung der dazu notwendigen Fähigkeiten, die neben der Bereitschaft zur körperlichen Auseinandersezzung z.B. auch verbale Schlagfertigkeit beinhalten. Innerhalb einer Freundesgruppe wie der von Tertilt be-schriebenen Gang werden diese für das Mann sein als notwendig erachteten Fähigkeiten auf vielfältige und spielerische Weise einge- übt. Daraus ergibt sich ein permanenter Wettstreit untereinander, der eine gruppeninterne Hierarchisierung befördert, die jedoch gleichzei- tig immer im Fluß ist. Verbale Schlagfertigkeit wird z.B. über ein mehr oder weniger feststehendes Formelrepertoire an gereimten Beleidi- gungen trainiert. Verlierer ist der, dem zuerst nichts mehr einfällt. Dieses Konzept ist dem des "Dissen" (von to disrespect) im Rap sehr ähnlich. Die Tanzform des Breakdance beinhaltet Momente eines rituali- sierten Zweikampfes und eignet sich somit zum Erlangen von Anerkennung innerhalb des von Tertilt beschriebenen Wertesystems. Zudem können als notwendig erachtete körperliche Auseinandersetzungen so auf eine unblutige Art durchgeführt werden, ohne daß damit für die Beteiligten ein Ehr- oder Anerkennungsverlust verbunden ist. Ali, Rapper bei den zu Cartel gehörenden "Da Crime Posse", beschreibt dies so: Beim Breakdance "konnte man sich messen mit dem bruder ohnen Blutvergießen und ohne groll." (Zaimoglu 1995,27) Ähnliche Anknüpfungspunkte bietet auch Graffiti, denn die illegal entstehenden Bilder verschaffen den Sprühern Anerkennung, wobei die Bewertung neben der Kunstfertigkeit auch den Ort der Sprühaktion miteinbezieht - je wagemutiger desto besser.

Jenseits dieser Gleichwertigkeiten, die in dem von Tertilt be-schriebenen bei türkischen Jugendlichen verbreiteten Männlichkeitskon- zept wurzeln, findet sich meiner Ansicht nach ein weiteres wichtiges Moment für die Attraktivität von Hip Hop in dessen musikalischer Grundstruktur - dem Zusammenspiel von DJ und Rapper. Zum einen ist das Erlernen eines Instrumentes im üblichen Sinne nicht mehr nötig und somit der Zugang für "jugendliche Immigranten", für die das Erlernen der für die Produktion populärer Musik bisher notwendigen Instrumente wie Gitarre, Schlagzeug oder Klavier weniger selbstverständlich ist, erleichtert. Zum anderen bietet der Hip Hop mitkonstituierende DJ- Stil, sowie, noch weitergehend, die Verbreitung der Sampletechnologie in den 80er Jahren, bislang unbekannte Möglichkeiten der Verbindung und Verschmelzung unterschiedlichster musikalischer Materialien auf der v.a. rhythmischen Basis afroamerikanischer Traditionen.

Informationen darüber, was und wie Hip Hop zu sein hat, ziehen die Jugendlichen fast ausschließlich aus Filmen über die New Yorker Old School Hip Hop Szene. Diese verdanken ihre Entstehung meist der Entdeckung, daß es sich bei Hip Hop eben nicht nur um Rapmusik, sondern um eine umfassendere Kultur sozial und ökonomisch marginali- sierter Jugendlicher handelt, die für eine kommerzielle Verwertung genügend spektakuläre Momente enthält und zudem das gesellschaftlich anerkannte Leistungsprinzip reproduziert. Charlie Ahearn's Wild Style von 1982 und der von Harry Belafonte 1984 produzierte Beat Street können als die einflußreichsten Filme dieser kurzen Welle gelten.

Der in diesen Filmen transportierte starke Bezug der Hip Hop Kultur auf die sog. "Hood", d.h. die Nachbarschaft bzw. das Viertel oder der Kiez, und das Leben einer männlich dominierten Freundschafts- gruppe innerhalb dieses abgegrenzten Raumes zeigt bereits auf dieser sehr allgemeinen Ebene Gleichwertigkeiten zur sozialen Organisations- form türkischer männlicher Jugendlicher. Die sich daraus ergebende Identifikation mit der Situation afro- und hispanamerikanischer Jugendlicher in den USA, die bis zu einer möglichen Glorifizierung der eigenen Marginalisierung in der BRD reichen kann, entsteht unabhängig von bzw. trotz der klaren Unterschiede in der Situation von Migranten in den USA und der BRD.

Erleichtert wird sie noch durch den hier oft als sozialkritisch mißverstandenen 1982er Raphit The Message von "Grandmaster Flash & the Furious Five", in dessen Refrain es heißt "it's like a jungle sometimes it makes me wonder how I keep from going under..." während in den Strophen ein vermeintlich authentisches Bild der Ghettorealität in den US-amerikanischen Großstädten gezeichnet wird. Natürlich geht der Rapper Melle Mel nicht unter, er transportiert vielmehr untergrün- dig, daß Rap und eine loyale Freundesgruppe stark genug machen, um zu überleben. Gleichzeitig liefert die populär werdende "Zulu-Nation", die von dem New Yorker DJ Afrika Bambaata gegründet worden sein soll, um eskalierende New Yorker Bandenkriege zu befrieden, ein anderes in Hip Hop begründetes Organisationsmodell für Jugendliche in der BRD, das letztendlich auf der Identifikation mit der Situation afro- und hispanoamerikanischer Jugendlicher beruht. Letztere geraten dabei über die afroamerikanische Dominanz im musikalischen Bereich von Hip Hop immer mehr ins Hintertreffen, obwohl sie in den zitierten Filmen tragende Rollen spielen.

Ali, der bereits zitierte Rapper bei den zu Cartel gehörenden "Da Crime Posse", beschreibt dieses identifizierende Moment so: "Im anfang der rap-times stand wie ein göttlicher Koloß und makellos zulu nation ...hier konnte man sich messen mit dem bruder ohnen blutvergießen und ohne groll...Grandmaster Flash tat den ersten schritt zur politik, zum inhalt mit "the message", das war der segensreiche durchbruch, absolutes kultanliegen. Mit public enemy glomm die wahre kulturepoche auf, kultur deshalb, weil die information direkt an das volk über die mundaussage ging, der direkte draht zum schwarzen mann...klar, bruder, daß die bewegung überschwappte über den großen teich und uns ergriff wie ne gottverdammt heiße erfahrung, so ende 83 hats mich denn auch erwischt...und ich nahm gleich auch den guten kodex an, der da heißt: wirf dein leben nicht weg, wenn du echt bronx sein willst..." (Zaimoglu 1995,27f).

Übrigens läuft Beat Street in der DDR, in der Hip Hop als Rapmusik bis zu diesem Zeitpunkt nur via Westradio präsent ist, fast zeitgleich mit der BRD an. Informanten aus der damaligen Ostberliner Hip Hop Szene bestätigen einhellig die immense Wichtigkeit dieses Filmes für die Bildung einer DDR-Hip Hop Szene. Interessanterweise entwickelt sich in der zweiten Hälfte der 80er Jahre gerade Dresden, das ja im sogenannten schwarzen Loch, in dem der Empfang von Westradio und -TV sehr schwierig war, liegt, zum Zentrum des DDR Hip Hops. Hier trifft sich die Szene der ganzen Republik zu Wettbewerben im rappen, tanzen und Graffiti sprühen. Die Haltung des Staatsapparates erscheint nach Auskünften damals Beteiligter indifferent. Veröffentlichungen über diese Zeit existieren mit Ausnahme einer 1995 in limitierter Auf- lage veröffentlichten Schallplatte mit alten Aufnahmen bisher nicht.

Wie eben für Dresden angedeutet entwickeln sich auch in der BRD regionale Zentren der Hip Hop Strassenkultur, namentlich Braunschweig, Heidelberg, Hamburg, Kiel, Köln und West-Berlin, um einige wichtige zu nennen. Zentrum der Aktivität ist anfangs Breakdance, wobei es einzelne Jugendliche tatsächlich schaffen, zu professionellen Tänzern zu werden, und so eine ökonomische Perspektive zu entwickeln. Die Beliebtheit von Graffitti und Rap steigt mit der Zeit auch, weil die für Breakdance notwendige, immense Athletik und Körperbeherrschung für viele Interessierte nicht erreichbar ist. Gleichzeitig ist Mitte der 80er Jahre der kommerzielle Boom von Hip Hop erstmal vorbei, die Medien und mit ihnen viele Jugendliche wenden sich anderen Themen und Moden zu. Übrig bleibt ein harter Kern von meist männlichen Aktivis- ten, die aus der Not einer Tugend machen, und anfangen, sich überregional zu treffen. Solche "Jams", zu denen die Tänzer, Sprüher, Rapper und DJs meist mit der Eisenbahn via InterRail-Ticket anreisen, werden ab circa 1987/88 zu dem Bezugspunkt der Hip Hop Jugendkultur. Man kennt sich, erlebt ein verbindendes Gemeinschaftsgefühl, während eine auf ein gesellschaftliches Außen gerichtete Abgrenzung durch Kleidung, Frisur etc., wie sie bei vielen deutschen Jugendsubkulturen zu finden ist, nicht so wichtig ist. Das heißt nicht, daß es keine "dresscodes" gibt, aber es dominiert funktionale Kleidung, wie man sie beim akrobatischen Breakdance oder auch beim Sprühen benötigt.

In diese Zeit fällt auch die erste Plattenveröffentlichung einer westdeutschen Hip Hop Crew, die Maxi-Single Use the Posse der westberliner "Rock Da Most", deren DJ Derezone eine wichtige Figur bei der Entwicklung dessen ist, was später "Oriental Hip Hop" heißen wird. Im Moment jedoch orientiert man sich musikalisch und sprachlich an den US-amerikanischen Vorbildern. Funk- und Soulsamples dominieren ge- ,nauso wie die englische Sprache. Die DJs versuchen möglichst gut zu scratchen und Beats ineinanderzuweben, während die Rapper ihre Reim-techniken schulen und beim "Freestyle" gegeneinander antreten.

Rund um die Wiedervereinigung beginnt, bedingt durch den interna-tionalen Chartserfolg der Frankfurter Produktion The Power von "Snap" (1990), das Medien- und Industrieinteresse an der Hip Hop Szene zu erwachen. Man ist zum einen auf der Suche nach Talenten, mit denen sich an diesen Erfolg anschließen lässt und zum anderen öffnet das durch den Fall der Mauer wiedererstarkte deutsche Nationalbewußtsein ein Feld für die Vermarktung einer neuen, national codierten Jugend- kultur.

In der vielleicht wichtigsten deutschsprachigen Musikzeitschrift Spex erscheint im März 90 eine Reportage, die auf dem Titelbild reißerisch mit "Krauts with Attitude" angekündigt wird, im Heftinneren jedoch eher harmlos "Eurohop" (Felbert 1990) betitelt ist. Relativ gleichzeitig beginnen kleine unabhängige Schallplattenfirmen Tonträger westdeutscher Hip Hop Gruppen wie z.B. "LSD" oder "Exponential Enjoyment" zu veröffentlichen. Der erste türkisch-sprachige Rap, Bir Yabancinin Hayati (= Das Leben eines Fremden), erscheint 1991 auf der Debut-LP der Nürnberger Hip Hop Gruppe "King Size Terror". Die über die starke Betonung des Wortes im Hip Hop vermittelten neuen Möglichkeiten der Artikulation und Kommunikation im Feld der Tanzmusik werden von "jugendlichen Immgranten" für die Diskussion einer Identi- tät als Fremder genutzt. Dagegen sind deutsche Gruppen wie "LSD" weniger an Inhalten, denn an musikalischer Kompetenz interessiert.

Ebenfalls 1991 erscheint unter dem Titel Krauts with Attitude - German Hip Hop Vol.1 erstmals eine Schallplatte/CD, die den An- spruch erhebt, einen einigermaßen repräsentativen Querschnitt durch die westdeutschen Hip Hop Szene zu bieten. Auf die mit dem Titel dieser Zusammenstellung verbundenen Implikationen wird weiter unten ausführlich eingegangen. Zunächst jedoch zu den Fakten: Krauts with Attitude erscheint auf dem zum Phillip Morris Konzern gehörenden Label "Boombastic Records" und ist zusammengestellt von DJ Michael Reinboth. Von den insgesamt 15 Gruppen rappen drei in deutscher Sprache, elf in Englisch und eine in Französisch, womit gleichzeitig die einzige vertretene Rapperin gekennzeichnet wäre. Außer ihr sind auf den Bandfotos noch zwei weitere Frauen zu sehen, ansonsten sind Männer, deren Eltern aus den unterschiedlichsten Ecken der Welt zu kommen scheinen, versammelt. Musikalisch regiert der mehr oder weniger gelungene Versuch, US-amerikanischen Vorbildern nachzueifern. Alle beteiligten Gruppen stammen aus Westdeutschland.

Der Titel Krauts with Attitude nimmt sowohl auf die erwähnte gleichnahmige Titelstory in Spex 3/90 als auch auf die kalifornische Rap-Gruppe "Niggaz with Attitude" Bezug, die wegen ihrer expliziten Texte (Fuck tha Police ) einer der zeitgenössisch am kontroversesten diskutierten Hip Hop Acts war, und schon Spex als Vorbild bei der Begriffsbildung diente. Diese Übernahme eines Selbstinszenierungsmus- ters US-amerikanischer Marginalisierter - bzw. derer, die als solche wahrgenommen werden - für die eigene Selbstinszenierung in der BRD ist ein typisches Verfahren eines popkulturellen Dissidenzdiskurses, wie er zu dieser Zeit z.B. von Spex vertreten wird. Dissidenz meint in diesem Zusammenhang die Konstruktion einer weltweiten Gemeinsamkeit aller von der gesellschaftlichen Macht Ausgeschlossenen unabhängig von jedem gesellschaftlichen, politischen oder ökonomischen Unterschied und insbesondere unabhängig davon, ob die Nichtzugehörigkeit ein sybolischer, freiwilliger Akt ist, der jederzeit rückgängig gemacht werden kann, oder unfreiwillige Lebensrealität. Dissidenz beschreibt damit pointiert die Sichtweise des weißen männlichen Metropolenbewoh- ners, der an ein reales politisches Engagement nicht mehr glaubt, sich aber trotzdem irgendwie solidarisch mit den Unterdrückten dieser Welt fühlen will.

Gleichzeitig spielt der Titel mit der oben beschriebenen nicht dissidenten Identifikation eines Teils der westdeutschen Hip Hop Szene mit US-amerikanischen Vorbildern. Das Hip Hop inhärente Strukturmerk- mal der Konkurrenz wird so über die Einordnung in einem internationa- len Bezugsrahmen national codierbar. Ein nicht unwichtiger Nebeneffekt ist zudem, daß die zitierten "Niggaz with Attitude" selbst, sowie Einzelne ihrer Mitglieder wie "Ice Cube" und "Dr.Dre" zu "Rolemodels" für das gerade entstehende Hip Hop Subgenre "Gangsta Hip Hop" werden, das sich wiederum in den Teilen der westdeutschen Hip Hop Szene großer Beliebtheit erfreut, die die Identifikation zu einer Glorifizierung fortschreiben. "Ice Cube" wechselt kurze Zeit später zur "Nation of Islam" und verbreitet in seinen Texten deren zumindest problematische Ideologie. Bindeglied zwischen "Gangstaimage" und "Nation of Islam" ist das von "Ice Cube" in beiden Rollen gepflegte aggressive Männlich-keitskonzept mit der dazugehörigen Frauenfeindlichkeit. Ein anderes wichtiges US-amerikanisches Rolemodel dieser Zeit sind die bereits erwähnten, ebenfalls der Nation of Islam angehörenden "Public Enemy".

So verbinden sich in dem Titel Krauts with Attitude verschie-denste Assoziationen, die ihn als geschickten Marketingschachzug er- scheinen lassen würden, stünde dem nicht eine Eindeutigkeit in Farbge- staltung und inhaltlicher Bestimmung gegenüber. Über die schwarz rot goldene Farbgebung des Covers und den Covertext, in dem es u.a. heißt: "es ist jetzt an der Zeit, dem Selbstbewußtsein der Engländer und Amerikaner irgendwie entgegenzutreten.", wird aus einem zwar problema-tischen, aber doch ironisch auf einen als weltumspannend halluzinier- ten subkulturellen Dissidenzdiskurs rekurrierenden Titel, ein klar nationalistisches Statement.

Mit Krauts with Attitude beginnt die Schaffung eines neuen nationalen Genres. Aus Hip Hop in der BRD wird über den noch etwas verschämten Zwischenschritt "100% German Hip Hop" "Deutscher Hip Hop". Mittels des kurze Zeit später einsetzenden Erfolges der auf "Krauts with Attitude" vertretenen "Fantastischen Vier" kann dann der pur nationalistische Begriff "Neuer deutscher Sprechgesang" oder auch "Neue deutsche Reime" durchgesetzt werden. Einem kopierten, adaptier- ten Stil wird so eine nationale Identität aufgepfropft, die viele der Mitwirkenden faktisch aussperrt. Verschärfend wirkt dabei noch, daß sich, wie ich versucht habe zu zeigen, die besondere Attraktivität von Hip Hop für "jugendliche Immigranten" gerade aus dem Unterschied zu als deutsch angesehenen Mustern speist.

Zwangsläufig geht die Durchsetzung des "Neuen deutschen Sprechge-sanges" deshalb mit der erneuten Reduzierung von Hip Hop auf einen Musikstil einher und in Ermangelung irgendeines musikalischen Unter-scheidungsmerkmals wird die Sprache zum einzigen Abgrenzungsmerkmal. Dabei ist die Idee, in deutscher Sprache zu rappen, natürlich naheliegend und für sich genommen nicht nationalistisch. Problematisch wird solch ein Projekt dadurch, daß es als gegen den angelsächsisch/ afroamerikanischen Kulturimperialismus gerichtetes nationales Kultur- gut vermarktet wird. Zudem wissen die so vermarkteten Gruppen leider mit der Betonung des Wortes im Hip Hop wenig anzufangen und stellen sich so mehr oder weniger bewußt in eine nationale Tradition, innerhalb der "Deutsche, die 'exotische Kulturen' imitieren, und sei es noch so perfekt, gerne in Rosenmontagslaune verfallen...dieses Niedrigniveau zielt sichtbar auf einen breiten Einstieg in den deutschen Markt. Ist der erstmal geschafft, kann man später immer noch anspruchsvoller werden." (Jacob 1993,214). Neben der Reduzierung von Hip Hop auf Rapmusik werden auch die komplexen Reimstrukturen des Rap meist auf den Endreim reduziert, wie in folgendem Beispiel: "Ich bin SMUDO von den Fantastischen 4 / und ich trinke gern bananensaft mit kühlem Weizenbier..." ("Die Fantastischen Vier" Jetzt geht's ab) Der von Günther Jacob postulierte Prozess ist anhand der Karriere der "Fantastischen Vier" exemplarisch nachvollziehbar.

Das verstärkte Medien- und Unterhaltungsindustrieinteresse kon-frontiert die westdeutschen Hip Hop Aktivisten mit der Notwendigkeit einerseits vermarktbarer, andererseits vor dem sogenannten Ausverkauf schützender Identitäten. Als Gegenmodell zu den abschätzig "Pop-Rap" genannten "Fantastischen Vier" und der geschilderten Nationalisierung von Hip Hop wird eine offensiv vertretene Identität als Immigrant bzw. Fremder zunehmend wichtiger und außerdem der Reduzierung von Hip Hop auf Rap Musik der wahre Hip Hop als die untrennbare Dreifaltigkeit von Rap, Breakdance und Graffiti entgegengestellt. Eine damit verbundenen strategische Möglichkeit besteht in der Einforderung einer multikultu- rellen Identität mittels konkreter politischer Teilhabe für Migranten. Diese meist in deutscher Sprache vorgetragenen Inhalte sind auch der Versuch, das rappen in deutsch in gewisser Weise zu entnationalisie- ren. In den nationalen Progromjahren 1992/93 führt dies zu dem kurzfristigen Medien- und Unterhaltungsindustrieprojekt, Hip Hop eine vermarktbare Identität als antirassistische Multikulti-Jugendkultur zu verschaffen und so nach der kommerziell erfolgreichen Nationalisierung den "neuen deutschen Sprechgesang" zu modernisieren. Höhepunkt dieses Projektes, das jedoch parallel zum Abflauen des öffentlichen Interes- ses an Lichterketten und Betroffenheit wieder aufgegeben wird, ist der 93 erschienene, von der modernen Boulevard-Zeitschrift Prinz herausge- gebene Sampler Rap gegen Rechts. In der Folge setzt sich der "Neue deutsche Sprechgesang" als kommerzieller Mainstream im in der BRD produzierten Hip Hop durch und bleibt dabei immer mehr oder weniger national oder regional ethnisch aufgeladen, sowie in Verbindung mit dem oben zitierten Rosenmontagsexotismus.

Parallel zu dieser Entwicklung erscheint 1992 die erste Maxi-Single der westberliner Hip Hop Crew "Islamic Force", die m.W. erst- mals einen Drumcomputerrhythmus afroamerikanischer Tradition mit melo-dischen Samples türkischer Arabesquemusik und englischsprachigen Tex- ten, die sich mit der Lebenssituation "jugendlicher Immigranten" in der BRD bzw. Berlin auseinandersetzen, verbindet - der Beginn des- sen, was später "Oriental Hip Hop" heißen wird. Musikalisch verant- wortlich für diese Platte zeichnet der schon erwähnte DJ Derezone. In einem von mir 1992 geführten Interview äußern sie sich zu ihrem Konzept wie folgt:

Bob E.: "Wir machen das in Deutschland, kommen aus der Türkei und benutzen ne amerkanische, ne schwarze Musik und türkische Melodien." Derezone: "Wir ham bewußt die ganze Sache nicht so produziert, daß sie jetzt chartbedingt ist." Cut MTee: "Der neue Modegag, orientalischer Hip Hop." Bob E.: "Der Junge kommt nach Hause und hört Hip Hop, dann kommt sein Vater und sagt, komm wir gehn einkaufen, steigt ins Auto und hört türkische Musik und dann kriegt er die Platte in die Hand gedrückt und kriegt beides auf einmal."

Interessant an diesem Interviewausschnitt ist neben der Tatsache, daß sich "Islamic Force" von dem ihrer Meinung nach puren Vermark-tungsbegriff "Oriental Hip Hop" abgrenzen, der Bezug auf die Produktionsweise von Hip Hop, die in ihrer zum Prinzip erhobenen Zer-rissenheit Gleichwertigkeiten zur sozialen Erfahrung von "jugendlichen Immigranten" zwischen der Kultur ihrer Eltern und dem Leben in ihrer (Wahl-)Heimat zu haben scheint. Die Einarbeitung türkischer Elemente (melodisch, rhythmisch und/oder sprachlich) in Hip Hop Stücke hat seither immer größere Verbreitung gefunden.

Der Verdienst dieser, wie ich versucht habe zu zeigen, im Rahmen der westdeutschen Adaption von Hip Hop folgerichtigen Entwicklung einen Nahmen zu geben, gebührt Cartel, dem laut Eigenwerbung "Oriental Hip Hop Projekt", mit dem ich mich deshalb zum Abschluß dieses Artikels beschäftigen möchte.

Cartel ist der Titel einer im Mai 1995 erschienenen CD/MC sowie ein dazugehöriges gleichnahmiges Stück Musik. Außerdem finden sich auf dieser CD 5 Stücke von "Karakan" aus Nürnberg und je 3 von "Da Crime Posse" aus Kiel und "Erci E." aus Berlin. Als verbindendes Element dient ein textlicher Bezug auf Cartel in einigen Stücken. Das Design der CD/MC spielt über die rote Grundfarbe und das zum weißen Halbmond aufgeblasene 'C' von Cartel auf die türkische Nationalfahne an, während der Schriftzug ansonsten mit Tuschornamentik hinterlegt ist. Am oberen Rand des Covers sind in weißen Buchstaben die Namen der drei beteiligten Gruppen aufgeführt, wobei "Karakan" an erster Stelle stehen, gefolgt von "Erci E." und "Da Crime Posse". Alle drei Gruppen stehen bei "Spyce Rec." unter Vertrag, der Firma ihres Managers Ozan Sinan. In der BRD erscheint Cartel bei Mercury/Polygram, in der Türkei bei RAKS/Polygram. Die Verkaufszahlen bewegen sich in der BRD bei 20 000 und in der Türkei bei über 300 000 Einheiten. Damit sind Cartel in der Türkei in kürzester Zeit zu Superstars geworden, während sie in der BRD zwar wahrgenommen werden, aber keinen vergleichbar kommerziellen Status haben.

Die Zielgruppe sind jedoch eigentlich die in Deutschland lebenden türkischen Jugendlichen: "Fast eine Million türkische Jugendliche leben in Deutschland, ein gewaltiges Potential." (Zitat eines Mercury Managers Jacob 1995,33) Im offiziellen Presse-Info heißt es außerdem: "Die neue Identität: Wie auch in Frankreich und England schreien ethnische Minderheiten mit ihrer eigenen Musik gegen Diskriminierung auf. Hip Hop als Sprache ist da eine logische Wahl...Cartel wollen ihre eigene Identität vermitteln, denn erst wer klar macht, wo er steht, wird berechenbar, wird ernstgenommen. Cartel ist die musika- lische Lobby für abertausende Kids der zweiten Generation, die ausspricht was sie denken, wie sie fühlen..."

Die Zielgruppe wird nicht nur offensiv gesucht sondern gleich mitkonstruiert. Dies geschieht, indem man der bürgerlich/alternativen Presse, also für die Zielgruppe "türkische Jugendliche in der BRD" nur bedingt relevante Medien, eine interessante Story über ethnische Minderheiten anbietet und gleichzeitig Anzeigen schaltet, die über die Begriffsbildung "Das Oriental Hip Hop Projekt" einen Alleinvertre-tungsanspruch für eine noch gar nicht existente Stilrichtung suggerie- ren. Wichtig für die zu erzeugende Neugier ist dabei, sich als der deutschen Öffentlichkeit als nichtkommunizierendes Modell, d.h. als offensiv agierender Fremdkörper, zu präsentieren. "Unsere Zielgruppe sind die Türken, unsere Zielgruppe ist nicht die deutsche Gesell- schaft." (Ozan Sinan in Rick 1995,6) Außerdem wird Manager Ozan Sinan nicht müde, den Projekt-Charakter von Cartel zu betonen: "Cartel wird nicht weitergehen mit diesen drei Gruppen, sondern hat den Grundansatz a) sich als Community zu vergrößern...und b)...irgend-wann mal eine Tragfläche für eine Idee (zu) sein."(Rick 1995,6) So wird mittels kultureller Identitätskonstruktion innerhalb der deutschen Presse eine Zielgruppe von Ausgegrenzten mitformiert, die wiederum mit dem Attribut türkisch identifiziert werden soll. Bereits zur Veröf- fentlichung ergibt sich ein breites Medienecho, das sich noch verstärkt, nachdem Cartel in der Türkei sehr großen Erfolg haben und zu Superstars avancieren.

Das türkische Publikum soll dagegen direkt über das an die Nationalfahne angelegte Design angesprochen werden, womit man sich gleichzeitig deutlich vom Portraitfotocover einer durchschnittlichen türkischen Cassettenproduktion absetzt und Besonderheit suggeriert. Die Tatsache aus der BRD zu sein, ist dabei für einen Erfolg in der Türkei weder außergewöhnlich, noch hinderlich.

Musikalisch betrachtet bewegt sich Cartel auf sicherem Boden. Hip Hop Rhythmen, die ab und zu mit Ragamuffin-Anklängen angereichert sind, werden zum Teil mit melodischen Samples türkischer Volks- und "Popmuzik" unterlegt, die zusammen mit den meist in türkischer Sprache vorgetragenen Texten das spezifische an "Oriental Hip Hop" bilden sollen. Das Stück Yetimidin von "Da Crime Posse" baut dabei auf dem selben melodischen Sample auf wie Istanbul von der erwähnten 92er Maxi-Single von "Islamic Force". Inhaltlich geht es z.B. in Yetmidimi (= Reicht es nicht) um folgendes: "Wir freuen uns über die unzähligen Geschäfte unserer Landsleute, aber glücklich sind wir nicht, sondern eher besorgt, denn der Neid aufeinander wird immer größer...wir haben uns an fremde Marken gewöhnt und viel Geld dafür ausgegeben, doch bin ich stolz daß meine Hose den Namen Garipoglu trägt, froh wäre ich, wenn ich mehr von uns in diesen Hosen sehen würde..."

Der weiter oben geschilderte Mechanismus der Identifikation mit der Situation der afro-amerikanischen Minderheit in den USA führt hier zur unhinterfragten Übernahme segregationistischer ökonomischer Kon- zepte, wie sie auch die "Nation of Islam" vertritt. Nicht der Kaptalismus ist das Problem, sondern die Nationalität des Kapitalis- ten. Da "Da Crime Posse" in ihrem Reihen auch einen "Deutschen" und einen "Kubaner" haben, entwickelt sich die türkische Identität zu einer mythischen, die stellvertretend für eine Immigrantenidentität bzw. eine Identität als Fremder gesetzt wird. Dies ist nur ein Beispiel dafür, wie die an Cartel beteiligten Gruppen auch in ihren Texten an der Identitätskonstruktion einer ethnisch definierten Min- derheit mitwirken. Als inhaltliche Bindeglieder zwischen den Cartel- Gruppen und auch zur Hip Hop Kultur sollen dabei offensive Frauen-feindlichkeit und eine nicht näher spezifizierte Gegnerschaft zu deutschen Nazis bzw. stellvertretend Skins fungieren.

Cartel nutzen die in der Geschichte von Hip Hop in der BRD angelegten Momente ethnischer Segmentierung. Sie sind in dieser Form nicht denkbar ohne den Umgang der BRD mit Migration und ein Ausdruck der weitergehenden bzw. offenliegenderen Spaltung in der bundes-deutschen Gesellschaft. Als Gegenmodell zur mit Krauts with Attitude und "Neuem deutschen Sprechgesang" begonnen Nationalisierung von Hip Hop versucht Cartel, die damals Ausgegrenzten unter dem Banner einer türkisch definierten ethnischen Minderheit wieder zu versammeln. Die Parallelen in der Covergestaltung - hier die deutschen, da die türkischen Nationalfarben - und die national bzw. ethnisch bestimmte konzeptuelle Gestaltung sprechen Bände. Die damit verbundenen politi- schen Implikationen sind nicht erfreulich und Teil der konservativen kulturellen Hegemonie in der BRD

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1995. 'Kanak Sprak'. Hamburg

Diskographie

Advanced Chemistry,
Fremd im eigenen Land. MZEE Records. AC.01.V12".92. 1992
Welcher Pfad führt zur Geschichte. MZEE Records. 004. 1993
Operation Artikel 3. 3600 Records. IRS 977991. 1993

Boulevard Bou,
'Eksi Okul', V.A. Alte Schule. MZEE Records, MZEE 005. 1993

Cartel,
Cartel. Mercury Records. 526 914-2. 1995

Die Fantastischen 4,
'Jetzt geht's ab', Jetzt geht's ab. Columbia Records. 12-468862-10. 1991

Fresh Familee,
'Ahmet Gündüz', Falsche Politik. Polygram Records. 514 718-2. 1993
'Ahmet Gündüz II' & 'Sexy Kanake`, Alles Frisch. Polygram Records. 1995

Grandmaster Flash & the Furious Five,
'The Message', Greatest Hits. Sequel Records. NEM CD 622. 1992

King Size Terror,
'Bir Yabancinin Hayati', King Size Terror. 1991

Indeed.
'Das Gelbe vom Ei', V.A. SOS Deutschland. Day Glo Records. DG CD 28. 1993

Islamic Force,
My Melody / Istanbul. 1st Class Records. FCR 001-12. 1992
The Whole World is your Home. Juiceful Records. 002-12. 1992

DJ Mahmut & Volkan T,
'Kafayi Yemis', V.A. Deutschland ein Wintermärchen. 3600 Records. IRS 940991. 1996

Panter,
Discotec. Akbas Muzik. 1995

Rap-Tiye,
Doping. RAKS, Rapak 11054

Rock Da Most,
Use the Posse. Imperial Nation Records. 1988

Sugarhill Gang,
'Rapper's Delight', Arcade Dance Classics Vol.2. Arcade Records, 04 3152 21. 1991

TCA,
NO! / Wanna Be. Day-Glo Records. DG S11. 1993.
Vendetta. Day-Glo Records. DGL45. 1996

V.A.,
Rap gegen Rechts. DCO Records. RTD 177 16332. 1993

V.A.,
Krauts with Attitude - German Hip Hop Vol.1. Boombastic Records. 212 039. 1991

V.A.,
Vibrazone. A Swat-Posse Production. 1993

Vitamin 2.
Türk-Rap. Netses Tapes. 0321

Weep not Child feat. Linguist,
'Je ka bere', Liberation thru Music & Lyrics. Groove Attack Records. GAP 11122. 1994.